Waves (1998)

WAVES

Nach „CYBERSPHERE“ hat es drei Jahre gedauert, bis ich wieder in Album fertig hatte. Das hatte mehrere Gründe, hauptsächlich beruflicher Natur, denn ich hatte wieder bei der Marine „angeheuert“. Ich wollte zudem auch mal was anderes machen und ein wenig von der Berliner Schule weggehen – ohne sie völlig aus den Augen zu verlieren. Eine Reise sollte es aber auch diesmal wieder werden. Natürlich virtuell und elektronisch. Aber mit ein paar anderen Anlehnungen, anderen Ideen und Inspirationen. Herausgekommen sind wieder über 60 Minuten eigener Kreativität, eine musikalische Reise, die auch einige bekannte Orte der Vergangenheit wieder aufsucht. Doch der Reihe nach.

PROPHET 2000

Der PROPHET 2000 Sampler

Bei „HEADING EAST“ habe ich tatsächlich mal das Motiv eines anderen Musikers gesampelt (Michel van Dyke, von der CD Reincarnated, Track 01: Maybe I Should Leave) und daraus einen eigenen Song gebaut. Ich bin eigentlich kein Freund solch dreisten Diebstahls, aber hier konnte und wollte ich nicht nein sagen. Jeder weiß, dass ich bei weitem nicht so gut Gitarre spielen kann, wie im Intro zu hören (nämlich gar nicht!). Das ist das Sample, um das ich den Song gebaut habe. Das Schwierige war, den Song im richtigen Tempo einzuspielen, so dass der Takt des Samples und meiner Idee sich nicht unterschieden. Der Rest war dann wieder das Spiel mit dem Sequenzer, vor allem der TX81z lieferte mit seinen perkussiven Klängen den Rahmen. Einen konkreten Ort beschreibt der Song nicht, zu dem die Reise gehen soll. Einfach ostwärts, bis es einem irgendwo gefällt.

 

Etwas langsamer geht es bei der „BEACH ROMANCE“ zu. Ich kann heute nicht mehr sagen, wie ich auf den Song insgesamt gekommen bin, aber ich glaube, zuerst war die Melodie da. Um die habe ich dann den Song drumherum aufgebaut. Ja, der Song ist sehr lang, da habe ich mich deutlich in der Länge verloren – heute würde ich den Song auf maximal fünf Minuten herunterbrechen. Aber die Aufnahme ist nun mal so und kürzen kann ich den Song jetzt auch nicht, denn der einzelne Abschnitt lassen sich nicht mehr herausschneiden. Gut, sicher, mit entsprechender Audio-Software und vielen Stunden Arbeit wäre das möglich. Aber warum? So ist der Song eingespielt und so bleibt er nun auch – genau so lang. Mit der hatte ich wohl, wie mein lieber Freund „Synvox“, zu viel französische und italienische Liebesfilme im Hinterkopf. Naja, jedenfalls kam das als Kritik auf ein Demo Tape zurück und ich war doch ein wenig erheitert über den Vergleich. Je öfter ich den Song dann im Studio aber durchgespielt hatte umso treffender fand ich den Vergleich. Das brachte mich dann letztendlich auch zu dem Titel des Tracks. Also: Danke, Michael!

 

Bei „Tears In The Rain“ kann ich nicht verleugnen, wieder der „Berliner Schule“ zu huldigen. Allerdings habe ich versucht, das Ganze so weit abzuspecken, dass nur die „Kirchenorgel“ den Arpeggiator übernimmt. Der ist auf Random gesetzt und wurde vom PROPHET 2000 generiert. Die Orgel selbst stellt der TX81z über eines seiner Performances bereit. Die Streicher stammen vom PROPHET. Auf die Melodie bin ich beim Durchspielen einiger Sample-Disketten (!) gekommen, die war irgendwie sofort da und wollte nicht mehr aus meinem Kopf. Und wie das so ist, habe ich diesen Track auf neun Minuten gedehnt. Immerhin habe ich gemerkt, dass das vielleicht etwas lang ist und habe dann bei etwas über der Hälfte noch den CZ-5000 mit einer Melodie-Bridge ins Boot geholt. Der übernimmt nach der Bridge auch die Melodieführung, gemeinsam mit dem PROPHET. Und so rinnen die Tränen in den Regen hinein und verschwinden am Ende im Nirgendwo. Unterm Strich ist der Song eine Reminiszenz an die diversen Abschiede, die ich von lieben Menschen nehmen musste. Immer dann, wenn es wieder heißt, lebe wohl zu sagen, fühlt man sich, als würde man alleine im Regen stehen. Keinen Menschen an der Seite zu haben und dann einfach den Tränen freien Lauf zu lassen. Und dann wünscht man sich oft genug, dass der Regen nie aufhören mag…

 

Aus dem Regen geht es an einen tropischen Strand – „Papua Beach“. Hier habe ich mich weitestgehend auf einen eher ruhigen, fast schon mainstreamigen Song konzentriert. Hauptarbeit übernehmen TX81z mit der Melodie, den gebrochenen Harfen-Akkorden und im Chorus den Gitarrenriffs. Die Fläche im Hintergrund liefert der CZ-5000 und Shakuhachi übernimmt der PROPHET. Ich mag bei diesem Song nach wie vor das warme Feeling der CZ-Fläche. Dazu musste ich aber lange am Drum-Kit arbeiten, bis ich das so hatte, dass es zur restlichen Stimmung passt. Am Ende sind es gute fünf Minuten Sommer, Strand und irgendwie Urlaub…

 

Das Titelstück „Waves“ arbeitet auch eher wie ein Mainstream-Track. Die Fläche kommt vom PROPHET, die Bell und das gedoppelte Xylophon für den Echo-Effekt sowie das E-Piano liefert der TX81z. Für den Bass habe ich den CZ-5000 eingespannt, weil der einen kleinen Sweep in seiner „Attack“-Phase hat – finde ich ganz charmant. Viel Spaß hatte ich aber mit den Drums – diesen Hall-Effekt auf die Snare zu bekommen, ohne dass das restliche Schlagzeug genauso im Echo liegt, ist eigentlich ein Trick im Sequenzer: Pro 4/4-Takt sind es acht Schläge auf der Snare, die aber über die Anschlagsdynamik immer leiser wird. So entsteht der Eindruck, die Snare steht in einer riesigen Halle und hallt wider. In seiner Gesamtheit ist „Waves“ ein langsam treibendes Stück Musik, stetig, wiederkehrend, wie Wellen eben. Auch hier habe ich dem Song mit fast siebeneinhalb Minuten viel Zeit gegeben, weil ich immer wieder was verändert habe und so das Stück dynamisch bleibt. Die Idee zu „Waves“ an sich geisterte mir schon ziemlich lange durch den Kopf, hab sie aber erst für dieses Projekt in den Sequenzer eingespielt, da ich sie als Rahmen besonders passend fand. Schließlich hatten wir schon eine Strandromanze und waren auf Papua. Was würde dazu besser passen als Wellen?

 

Mit „Far Horizon“ habe ich ein paar Ideen anderer Künstler aufgegriffen. Der Fairlight-Sararchor erinnert ziemlich eindeutig an The Art Of Noise – sorry, aber ich mag dieses Musikprojekt um die großartige Anne Dudley. Die Harmonika, die auf der Melodie liegt, ist eine – geistige – Leihgabe vom großen Stevie Wonder, der sehr viel mit diesem Sound gearbeitet hat. Den Bass liefert der TX81z, im Wechsel links und rechts. Die Fläche ist wieder eine Aufgabe für den CZ und die Harfen im Chorus stammen ebenso vom TX81z. Bei dem Song entstehen Bilder von weiten Ebenen mit einem blauen Himmel voller weißer Wattewolken. Alles breitet sich um einen herum aus und man geht einfach Richtung Horizont, der jedoch immer weit, weit entfernt bleibt.

 

Dann habe ich mich an einen Song aus 1991 herangewagt und ihn noch mal komplett neu eingespielt: „September Days (Remix)“. Ich habe bewusst NICHT die alten Daten für den Sequenzer neu eingelesen, sondern den Song komplett, Spur für Spur wieder neu eingespielt. Melodie und Bridges sowie der Chorus sind geblieben, wie sie waren. Ich habe ein weniger mehr am gesamten Arrangement gespielt und die Begleitung ein wenig filigraner ausgestaltet. Der Chor stammt vom PROPHET, die Percussion teilen sich der Drumcomputer und der TX81z – ich habe mir dafür extra ein paar neue Sounds ausgedacht und über den ATARI per MIDI programmiert. In der Version gefällt mir „September Days“ deutlich besser als die sieben Jahre ältere Version – und passt so auch gut in das Gesamtkonzept von WAVES.

 

Und noch ein Song von „The Island‘ Tale“ habe ich neu eingespielt: „Die Zwei (Remix)“. Denn wenn wir schon mit „Papua Beach“ und „Far Horizon“ ein wenig im Reisefieber sind sollte dieser Song auch noch mal neu eingespielt werden. Hier habe ich mir aber tatsächlich die alten Sequenzer-Daten von der Diskette genommen und die vorhandenen Noten „von Hand“ frisiert. Besonders die Bridge im zweiten Drittel des Songs habe ich stark bearbeitet. Aber auch an den Sounds habe ich getüftelt, so dass alles etwas knackiger daherkommt. Das Schlagzeug ist im Gegensatz zur Originalversion von 1991 etwas zurückgenommen, ein Stückchen in den Hintergrund gestellt. Mit dem an den Reggea angelehnten Arrangement bleiben dann auch wir ein wenig bei Urlaubsstimmung, genießen die Sonne auf einem Liegestuhl und gönnen uns einen Cocktail.

 

Zum Schluss kommt ein besonderes Schmankerl, denn „Over The Green Hills“ habe ich nicht mit meinen Instrumenten eingespielt, sondern mit einer PlayStation! Ein Kollege hatte mir das Programm Fluid auf der Konsole vorgestellt und ich hatte dann die Gelegenheit damit ein wenig zu experimentieren. Heraus kam dann unter anderem dieser Track. Das Programm bietet Loop-Bausteine, die man aneinanderreihen kann. Dazu hat man zwei Pages mit mehreren Spuren, auf die man dann einzelne Loops legen kann: Stimme, Begleitung, Begleitung 2 und Rhythmus – oder so ähnlich. Ganz genau weiß ich das nicht mehr. Auf der zweiten Seite genau das gleiche nochmal, so dass dann quasi Strophe und Chorus in einem Arrangement entstehen. Während das zusammengebastelte dann abgespielt wird kann man einzelne Teile aus- und wieder einblenden und gestaltet den Song dann live, während man das Ganze dann aufzeichnet. So entstand dann „Over The Green Hills“, mit dem WAVES dann auch ausklingt.

 

Und auch hier gibt es das Album wieder als einzelne WAVE-Dateien zum Herunterladen und Eurer weiteren Verwendung.